Vertreter von URI Europe auf der RETOPEA-Konferenz in Warschau

Religiöse Vielfalt in Europa: Die Vermittlung der Vergangenheit an die Jugend

Die RETOPEA-Konferenz vom 16. bis 17. Mai 2022 in Warschau zeigt, wie religiöser Frieden und Toleranz durch Lernen mit der Geschichte gefördert werden können.
Das von der EU finanzierte Projekt RETOPEA, das von 2018 bis Ende 2022 läuft, untersucht, wie religiöse Koexistenz in verschiedenen Umgebungen gedacht wird und wie religiöser Frieden in der Vergangenheit hergestellt wurde. Das Projekt bringt ein umfangreiches interdisziplinäres Konsortium von akademischen und nicht-akademischen Partnern aus Belgien, Estland, Deutschland, Finnland, Mazedonien, Polen, Spanien und dem Vereinigten Königreich zusammen.

Wir möchten, dass Jugendliche – 12- bis 16-Jährige – kurze Dokumentarfilme, so genannte „Dokutubes“, drehen. Das didaktische Grundmaterial dafür stellen wir im Projekt zur Verfügung. Auf diese Weise wollen wir die Jugendlichen dazu anregen, über das Zusammenleben mit Menschen unterschiedlicher religiöser und weltanschaulicher Hintergründe und Überzeugungen nachzudenken. Auf diese Weise wollen wir sie widerstandsfähig gegen vereinfachende Propaganda machen.“ (RETOPEA-Website)

Vom 16. bis 17. Mai 2022 fand in Warschau eine RETOPEA-Konferenz statt, an der zwei Mitglieder von URI Europe, Pater Petar Gramatikov aus Bulgarien und Wilhelm Sabri Hoffmann aus Deutschland, teilnahmen.
Intensive Diskussionen und Präsentationen der Ergebnisse dieses Projekts durch Experten aus verschiedenen Bereichen zeigten, wie religiöser Frieden und Toleranz durch einen für junge Menschen ansprechenden Medienzugang gefördert werden können.

Petar Gramatikov betonte: „Wir müssen positive Erfahrungen vermitteln, diese Aufgabe vernachlässigen wir immer, wenn wir über die Vergangenheit unterrichten.“
Wilhelm Sabri Hoffmann forderte: „Wir sollten aufhören, nur über Geschichte zu lehren, sondern stattdessen Botschaften der Authentizität und eine persönliche Perspektive der Auseinandersetzung mit den Wurzeln der Geschichte vermitteln, auf die wir uns in der Zukunft stützen und die wir ausbauen möchten“.

Die Ergebnisse dieses Projekts werden in einem Buch mit dem Titel „Religiöse Vielfalt in Europa: Vermittlung der Vergangenheit an die Jugend“ (‘Religious Diversity in Europe: Mediating the Past to the Young’). Die von jungen Menschen in verschiedenen Ländern erstellten Doctubes werden bald auf der Website von RETOPEA zu finden sein.

Besuch des POLIN-Museums

Dass es kein Zufall war, dass die Konferenz in der Hauptstadt Polens stattfand, zeigte der Besuch des POLIN-Museums für die Geschichte der polnischen Juden zu Beginn der Konferenz. Dieses Land hat eine lange und erstaunliche Geschichte der religiösen Toleranz und der Friedenssicherung zwischen Katholiken, Protestanten, Orthodoxen, Juden und Muslimen, die den meisten Europäern unbekannt ist. Dies erinnerte die Teilnehmer daran, dass wir uns nicht länger nur auf Westeuropa konzentrieren können, wenn wir über Toleranz in Europa sprechen! Wir müssen ganz Europa in die Betrachtung einbeziehen.

Bericht: Wilhelm Sabri Hoffmann
Übersetzung aus den Englischen ins Deutsche: Karimah Stauch

Besuch bei der Rumänisch-Orthodoxen Holzkirche Bonn

URI Deutschland, URI CC Interkultureller Kreis Bonn und DMLBonn URI CC laden ein

Elf Schüler des Leistungskurses Religion aus dem Konrad-Adenauer-Gymnasium mit ihrer Lehrerin Marina Müller sowie URI Mitglieder und Freunde waren eingeladen zu einem Besuch der Rumänische Holzkirche auf dem Gelände des rumänischen Konsulats am Rheinufer in Bonn-Nord.
Die Beziehung zu Marina Müller, und damit zum Konrad-Adenauer-Gymnasium, ist ein Ergebnis des von URI-Mitglied Zachary Gallant initiierten Weltethos-Projektes „Vare1“ („We/Values are One“), in dem Menschen unterschiedlicher Religionen zu „Botschaftern des Friedens“ ausgebildet werden.

Pater Catalin Preda empfing die Gruppe am 17. März 2022 pünktlich um 14:30 Uhr vor dem großen Holztor, durch das wir zur Kirche gelangen konnten. Pater Catalin ist seit 6 Jahren für die rumänische Gemeinde in Bonn und Umgebung zuständig. Weil er seine Deutschkenntnisse für noch nicht gut genug hält, hat er seinen Freund und Dolmetscher mitgebracht. Beide Männer waren ein kongeniales „Dream-Team“.

Außenansicht

Zunächst wurde uns erklärt, dass beim Durchschreiten des Holztores die hektische Welt draußen bleiben soll und man hinaufsteigt in eine andere, geistige Sphäre. Und in der Tat ging es hinauf zur vollkommen aus Holz gebauten Kirche, in der kein Eisennagel steckte und schon deren Eingangsbereich vollständig bemalt ist mit der Szene aus dem Jüngsten Gericht.

Die Holzkirche selbst wurde 2016 in der rumänischen Region Maramures – wo der Holzkirchenbau eine lange Tradition hat – hergestellt und nach Bonn verfrachtet. 2018 konnte der erste Gottesdienst darin gefeiert werden. In 1 ½-jähriger Arbeit hat dann ein Maler die ganze Kirche mit Szenen aus der Bibel in naiv-bäuerlichen Stil ausgemalt, so dass sich Altes und Neues Testament wie ein Bilderbuch an den Wänden entfaltet.

Pater Catalin erläuterte nicht nur die orthodoxe Liturgie, sondern ging auch auf die Geschichte der orthodoxen Kirche ein. Dabei hob er darauf ab, dass „orthodox“ heißt, Traditionen zu bewahren. Das schließt aber insbesondere heutzutage nicht aus, sich der modernen Zeit anzupassen, damit auch die jungen Leute mitgenommen werden. Er sieht dabei die Elterngeneration in der Verantwortung als Vorbild für die Jugend.

Vor allem sind es die jungen Leute, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs ab 1990 die Chance und die Aufgabe haben, wieder Brücken zu bauen zwischen Ost und West. Hierin sieht sich auch die rumänische Kirchengemeinde als Vermittler.

Die Gespräche mit den beiden Kirchenmännern verliefen so interessant und auch berührend, dass die Gäste erst nach 2 1/2 Stunden das Gelände wieder verließen. Als Abschiedsgeschenk trugen die Gäste eine Qur’an-Rezitation mit besten Wünschen für die Gemeinde vor, und die Gastgeber sprachen innige Worte mit der Bitte um Frieden. Es wurde das gegenseitige Versprechen gegeben, in Verbindung zu bleiben. Ganz bestimmt zum orthodoxen Osterfest, das eine Woche später als das westliche Osterfest gefeiert wird, werden einige von uns dabei sein. Dann sind wir eingeladen zur Teilhabe an den schönen Gesängen und einem der schönsten Feste, die die orthodoxe Kirche feiert. Karimah überreicht Pater Catalin Preda einen interreligiösen Kalender.

Bericht und Fotos: Marianne Horling (Vorsitzende des URI CC Interkultureller Kreis Bonn, Stellv. Vorsitzende URI Deutschland, Mitglied des URI Global Council)

Fotos: Karimah K. Stauch (URI-Europa-Koordinatorin, Mitgründerin und Schatzmeisterin von URI Deutschland, Vorsitzende der DMLBonn)